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Das Klima des oberen Egertales

Prof. Foken, Universität Bayreuth, Abteilung Mikrometeorologie


Die Universität Bayreuth betreibt seit mehreren Jahren in 624 m über NN auf einer flachen Wiese im oberen Egertal ca. 3 km westlich von Weißenstadt zwischen den Gemeinden Voitsumra und Schönlind eine automatische Klimastation (Stationsbezeichnung Voitsumra). Seit 1998 sind diese Daten durch Lückenschließung weitgehend rekonstruiert, seit 2000 ist ein weitgehend lückenloser Betrieb realisiert. Die Station dient der Unterstützung von Projekten mit Bezug zu landwirtschaftlichen Kulturen und als mikrometeorologische Referenzstation für niedrige Vegetation im oberen Egertal. Gemessen werden in 2 m Höhe: Lufttemperatur, Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und -richtung, alle Komponenten der Strahlungsbilanz sowie Bodentemperaturen.


1. Allgemeine Charakterisierung

Das obere Egertal ist eingeschlossen in das hufeisenförmige Fichtelgebirge bei einer mittleren Höhe von etwa 600 m üb. NN. Nach Osten ist das Tal weitgehend ungeschützt. Obwohl es für einzelne Niederschlagsereignisse und hinsichtlich der Bewölkung deutliche Luv- und Leeerscheinungen insbesondere am Waldstein (877 m, nördlich) und Schneeberg (1053 m, südlich) gibt, muss im Mittel von Stauniederschlägen bei westlichen Strömungsrichtungen ausgegangen werden, zumal der Sattel in westliche Richtung nahe der Torfmoorhölle (680 m) sehr flach ist. Die Niederschlagssummen sind sogar gegenüber den vorgelagerten Gebirgen (Frankenwald, Thüringer Schiefergebirge) deutlich höher. Bei östlicher Anströmung kann insbesondere kalte Luft winterlicher Hochdruckgebiete (Böhmischer Wind) über das Egertal nahezu ungehindert in das Gebiet des oberen Egertales gelangen. Allgemeine klimatologische Einteilungen, wie die effektive Klimaklassifikation nach Köppen, bezeichnen das Gebiet als kontinental temperiertes Klima (Dc) ohne weitere Unterteilungsmöglichkeiten.

Klimatologische Messungen liegen im Fichtelgebirge in größerem Umfang vor. Dabei können jedoch eine größere Zahl Stationen, speziell der Universität Bayreuth (BITÖK) und von Ingenieurbüros nur bedingt für klimatologische Untersuchungen herangezogen werden, da die Reihen zu kurz sind bzw. die Messungen wegen spezieller Aufgabenstellungen nicht entsprechend den Standards für Klimauntersuchungen durchgeführt wurden. Somit stehen zur klimatologischen Klassifizierung des Gebietes neben der Station Waldstein/Pflanzgarten (765 m üb. NN, ab 1994) der Universität Bayreuth (BITÖK) nur die Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Weißenstadt (620 m üb. NN, ab 1922, nur Niederschlag) und die eingangs genannte Station Voitsumra (624 m üb. NN, ab 1998) zur Verfügung.


2. Lufttemperatur

Das Klimadiagramm in Abbildung 1 zeigt die rekonstruierten Normalreihen für die Temperatur für die Station Voitsumra und den Niederschlag von der DWD-Station Weißenstadt für die Klimanormalperiode 1961-1990. Damit liegt die Mitteltemperatur um 2,5 K unter dem entsprechenden Wert von Bayreuth. Dieser Temperaturunterschied ist im Sommer sogar noch größer, wo die Temperatur sich zwischen Voitsumra und dem Waldstein/Pflanzgarten (Abbildung 2) nicht unterscheidet.

Klimadiagramm Voitsumra

Abbildung 1: Klimadiagramm für die Station Weißenstadt (Niederschlag) und Voitsumra (rekonstruierte Temperatur) für die Normalperiode 1961-1990


Klimadiagramm Waldstein

Abbildung 2: Klimadiagramm für die Station Waldstein/Pflanzgarten für die Normalperiode 1961-1990


Das Verstehen des Lokalklimas erfordert allerdings detaillierte wetterlagenabhängige Untersuchungen. Kalter Ostwind (Böhmischer Wind) oder Inversionen, wobei im Januar 1998 ein maximaler Temperaturunterschied von 12 K zur 150 m höher gelegenen und wärmeren Station Waldstein/Pflanzgarten gemessen wurde, prägen der Gegend eine Reihe lokalklimatologischer Besonderheiten auf. Der typische mittlere Temperaturgradient im Untersuchungsgebiet beträgt 0,63 K /100 m. Auswertungen zu speziellen Tagen für die Klimanormalperiode 1961-1990 liegen nur für die Station Fichtelberg-Hüttstadel (662 m üb. NN, ca. 10 km südlich) vor. Damit ist im Jahr mit 60 Eistagen (Temperaturmaximum < 0°C), 133 Frosttagen (Temperaturminimum < 0°C), 12 Sommertagen (Temperaturmaximum ≥ 25 °C) und weniger als einem heißen Tag (Temperaturmaximum ≥ 30 °C) zu rechnen. Für die gleiche Station beträgt die mittlere relative Luftfeuchte 81 %. In der Periode von 1961 bis 1999 trat im Fichtelgebirge das absolute Minimum überwiegend am 21.12.1969 mit ca. -25 °C und das absolute Maximum mit ca. 35 °C am 27.07.1983 und 12.08.1998 auf. Der Temperaturtrend für das Fichtelgebirge der letzten 40 Jahre liegt bei etwa 0,25 K / 10 Jahre, für die Wintermonate sogar bei fast 0,5 K /10 Jahre und liegt dabei in der Höhe des Durchschnittswertes für Deutschland. Auf die Mitteilung von Winddaten wird verzichtet, da diese lokal stark beeinflusst sein können.

 

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

Jahr

Niederschlag

93,4

73,2

79,4

79,1

80,2

98,6

93,5

94,5

76,9

76,2

95,8

118,9

1059,8

Temperatur

-3,6

-2,0

0,8

4,8

9,1

12,5

14,1

13,1

10,5

6,1

1,4

1,7

5,4

Tabelle 1a: Normalwerte für die Klimaperiode 1961-1990 für den Niederschlag in mm (Weißenstadt) und die Temperatur in °C (Voitsumra, rekonstruiert)


 

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

Jahr

Niederschlag

102,0

79,9

86,6

86,3

94,2

105,1

104,5

99,1

80,8

83,2

104,5

129,8

1156,2

Temperatur

-4,2

-3,1

0,2

4,3

9,0

12,3

14,1

13,7

10,5

5,8

0,2

-2,9

5,0

Tabelle 1b: Normalwerte für die Klimaperiode 1961-1990 für den Niederschlag in mm und die Temperatur in °C (Waldstein/Pflanzgarten, rekonstruiert)


3. Niederschlag

Der Jahresgang des Niederschlages (Abb. 1) zeigt ein ausgesprochenes Maximum im Winter, wobei etwa 11 % des Jahresniederschlages im niederschlagsreichsten Monat Dezember fallen (Juni: 9,5 %). Damit hat Weißenstadt eine für die Höhenlagen das Fichtelgebirges typische Niederschlagsverteilung, wie sie auch in den Höhenlagen der westlich und nordwestlich gelegenen Gebirgen angetroffen wird. Demgegenüber hat das Erzgebirge wie auch das Tiefland ein sommerliches Niederschlagsmaximum. Lokale Luv- und Leeeffekte lassen sich aus den mittleren Daten nicht ableiten. Hierzu müssten wetterlagenabhängige Einzeluntersuchungen durchgeführt werden. Die Extremwerte des Niederschlages lagen im gesamten Fichtelgebirge für den Zeitraum 1961-1999 bei maximal 80 mm pro Tag und waren mit konvektiven (Gewitter-) Niederschlägen verbunden.

Der Niederschlagstrend für das hohe Fichtelgebirge betrug in den letzten 40 Jahren 22 mm / 10 Jahre, wobei mehr als die Hälfte des Trends in den Wintermonaten Dezember bis Februar verursacht wird. In Zusammenhang mit der Erwärmung muss angenommen werden, dass nicht der Niederschlag zugenommen hat, sondern die Tage mit festem oder Mischniederschlag, d. h. auch der Messfehler, abgenommen haben.

Will man die Niederschlagsdaten für quantitative hydrologische Untersuchungen verwenden, so müssen noch Korrekturen angebracht werden. Die wesentlichsten Fehler sind Benetzungsfehler und Windfehler. Ersterer hat 2-4 % im Gebirge und 4-8 % im Flachland mit maximalen Werten im Sommerhalbjahr (höhere Verdunstung). Die höheren Fehler im Flachland resultieren neben der höheren Verdunstung aus häufigen kurzzeitigen Niederschlagsereignissen mit nur geringer Intensität. Der Windfehler ist stark von der Stationslage abhängig und hat sein Maximum im Winter. Für mäßig geschützte Standorte (7-12° horizontale Abschattung) beträgt der Fehler etwa 3-15 %. Daraus resultiert für das Untersuchungsgebiet ein mittlerer Fehler für den Jahresniederschlag von 11-12 %. Obige Abschätzungen gelten nur für flüssigen Niederschlag. Für Schnee und Mischniederschlag liegen die Fehler erheblich höher. In den hohen Lagen fallen 30-40 % des Jahresniederschlages als Schnee- und Mischniederschlag, in den Niederungen sind es 15-20 % und im überwiegenden Teil des Untersuchungsgebietes 20-30 % . Die Korrektur der Niederschläge kann durch mittlere regional abhängige Korrekturfaktoren erfolgen. Danach gehört das Untersuchungsgebiet zur Gebietsklasse V, Tabelle 2. Bei Untersuchungen zur Wasserbilanz sind diese Korrekturen stets anzuwenden.

Bezüglich der Verdunstung liegen für verschiedene Standorte im Weißenstädter Becken für die Jahre 1998 und 1999 Modellrechnungen vor, die durch die Messwerte der Station Voitsumra gestützt wurden und im Juli 2000 mittels eines speziellen Experimentes an dieser Station validiert wurden. Durch die hohen Niederschlagssummen ergibt sich eine mittlere Jahresverdunstung von ca. 400 mm, die kaum mit dem Bodentyp variiert. Ackerflächen mit längerer Bracheperiode liegen gegenüber den Grünlandflächen geringfügig höher in der Verdunstung.

Gebiet

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

Jahr

< 700 m

17

18

16

13

10

9

9

8

10

11

13

15

12

Tabelle 2: Mittlerer Jahresgang des prozentualen Niederschlagsfehlers für mäßig geschützte Stationslagen


Quelle:

Foken, T. (Hrsg.), 2001. Lufthygienisch-Bioklimatische Kennzeichnung des oberen Egertales. Abt. Mikrometeorologie, Arbeitsergebnisse, 14, 120 S.


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